mein roter faden
der rote faden ist eine wortschöpfung von goethe in den wahlverwandtschaften
( 1809 ); eine metapher: „(es) zieht sich durch ottiliens tagebuch ein faden der neigung
und anhänglichkeit , der alles verbindet und das ganze bezeichnet“. goethe schuf diese metapher aus der beobachtung, dass sich im inneren jeden schiffstaus ein zentrales garn befindet (kein faden), welches mit „seele“ bezeichnet wird. diese seele ist in der britischen marine seit 1776 rot eingefärbt worden (freilich auch mit anderen farben). der rote faden steht für ein durchgängiges leitmotiv, etwa in der musik, in einer erzählung oder rede.
der rote faden ist nicht gleichzusetzen mit dem lebens- oder schicksalsfaden. dieser wird von
den nornen gesponnen, den germanischen schicksalsfrauen.
anja verbeek von loewis platziert in ihre rauminstallation einen sichtbaren roten faden. er steht bei ihr - so scheint mir - für ihre suche nach orientierung, nach sinn des lebens, sinn der kunst. sie fragt, wie wirklich sie sei. ich interpretiere, wie wirksam sie sei.
die künstlerin ist per se wirksam, sie übt durch ihre kunst eine wirkung aus. damit wird wirklich, was wirksam ist. was wirkt, ist real, ist wirklich.
Michael Tacke
zur Installation mein roter faden, 2011